Zuerst die "großen" Kulturnachrichten aus berufener Feder,
dann die eigenen Eindrücke aus der Kultur-, Orgel- und Chorszene...
Der persönliche Kulturblog
Osternacht aus Kölner Dom
Karfreitag 2024
Im Vorfeld des diesjährigen Karfreitags wurde wieder von einigen Nachrichtensendern die Diskussion um das "Laute Musik- und Tanzverbot" in einigen Bundesländern aufgenommen. Glücklicherweise findet die Mehrheit der Bundesbürger*innen diese Regelung als richtig. Dagegen richtig peinlich wurde es bei Interviews mit einigen jungen Erwachsenen mit ihrer persönliche Aussage, dass man ja nicht gläubig sei und deshalb auch tanzen dürfe. Tja, wenn dieser Karfreitag nur kein religiös bestimmter Feiertag wäre, zu dem man/frau zwangsweise "verpflichtet" wird. Vorzüge eines freien Tages werden wohl gerne unreflektiert angenommen, die Nachteile eines "stillen" Feiertages jedoch bejammert.
Die genaue Entwicklung in den letzten Jahren habe ich nicht beobachtet. Wenn aber (immerhin verdienstvoll genug !) eine Aufzeichnung aus der Kölner Philharmonie mit Bach Matthäuspassion morgens um 7.15 Uhr auf WDR 3 mit dem Collegium Vocale Gent unter Phillipp Herreweghe beginnt, so scheint der Karfreitag an den Rand gedrängt. Schon im Aufzeichnungsjahr 2010 zeigt sich im Schlussapplaus ein Anteil von Gegröle und Begeisterungspfiffen, eine Tendenz die wohl unbemerkt weiter zugenommen hat und der "Sache" nicht entspricht. Ebenfalls am Vormittag brillierte 3SAT mit dem Brahms-Requiem, ebenfalls grundsätzlich verdienstvoll, aber doch wohl von der Thematik eines Karfreitags nicht ganz passend. Dies hat aber wohl schon Tradition. Ich erinnere ich mich an ein Brahms-Requiem im Fernsehprogramm am Karfreitag. Oftmals bilden sich schon - auch bei Fernsehgottesdiensten - viele Fragen an die Programmredaktion nach der Passung von Musik und Anlass. Dass es auch anders geht zeigte der Fernsehgottesdienst am Palmsonntag aus dem Stift Melk in Österreich. Dort wurden ganz öffentlich und hörbar Liturgie und Kirchenmusik als Kunstform behandelt. Die katholische Karfreitagsliturgie wurde aus dem Würzburger Dom übertragen. Vielleicht fehlt einfach die Atmosphäre des Raumes und der Gemeinde, die wenig Emotionen aufkommen ließen. Später am Abend sendete dann ARTE (?) Bachs Johannes-Passion aus der Thomas-Kirche in Leipzig als konzertante Aufführung. Gewiss eine Messlatte für deutsche Knabenchöre.
(29.03.2024)
M. E. Noel Spinelli (19.12.1927-16.10.2020)
Wieder einmal ist es ein persönlicher Nachruf für einen organophilen Bekannten. Monsieur Spinelli lernte ich in Lachine kennen, einem westlichen am St. Lawrence-Strom gelegenen Stadtteil von Montreal. Die dortige Pfarrkirche Saintes-Anges Gardienes war seine Taufkirche, von der er auch nicht allzu weit entfernt lebte. Spinelli macht als Geschäftsmann ein Vermögen als Autohändler mit vielen über Montreal Island verteilten Häusern. Von früh auf faszinierte ihn die Musik und er erzählte mir einmal, wie er als Jugendlicher dafür sparte, um in New York eine Oper zu hören. Natürlich ging es damals noch mit dem Greyhound nach New York...
Als erfolgreicher Geschäftsmann war es ihm möglich, die Musikkultur in Montreal zu fördern: Sei es durch beachtliche Beiträge an das Opernhaus, später dann durch den Gründungsvorsitz beim Internationalen Kanadischen Orgelwettbewerb, dem er bis zu seinem Tod eng verbunden blieb.
Persönlich habe ich ihn stets als einen angenehmen, musikalisch faszinierten und zugleich auch bescheidenen Menschen erlebt. Der Orgelvirus zündete erst spät in seinem Leben. Als für seine Taufkirche die Orgelrestauration anstand, wurde er natürlich auch nach einem Beitrag befragt. Der Ausbau in ein großes viermanualiges Instrument ist ihm zu verdanken und in Etappen erfolgt. Die verschiedenen Phasen konnte ich über die Jahre mitverfolgen. Nach einem Konzert traf es sich, dass Olivier Larry auftauchte, der einige Tage später spielen sollte und auch auf das Endresultat sehr gespannt war. So kam schließlich zu einer Orgelvorführung mit Teilen des Konzertprogramms mit Larry im Kirchenschiff.
Mit dem ihm eigenen Humor bemerkte Spinelli einmal, dass er in vollem Wissen um die Gesamtkosten für die Restauration dieses Projekt niemals angefangen hätte. Letztendlich hätte er 5.000 Autos verkaufen müssen, um das Projekt zu finanzieren. Eine neue Währung für die Finanzierung von Orgeln!
Nun haben wohl die Engel aus seiner Pfarrkirche ihn in ein musikalisches Paradies geführt.
(20.10.2020)
Teufels Werk und Gottes Beitrag
Nein, es geht hier nicht um John Irvings Roman oder um die gleichnamige Verfilmung. Einen Artikel in einer Fachzeitschrift über ein neues Instrument leitete der Autor damit ein, dass erstmals in der Geschichte seiner Firma ein Instrument ersetzt werden musste, das durch einen Akt Gottes mittels eines Tornados vernichtet wurde. War es nicht eher Teufels Werk, welches die Vorgängerorgel ruinierte, und Gottes Beitrag, einen prominenten Orgelbauer ein wahrscheinlich hervorragendes Nachfolge-instrument errichten zu lassen?
Noten und ihre Verbreitungsketten
In Corona-Zeiten wird sehr oft über die Infektionsketten und deren Nachverfolgung berichtet. Etwas Ähnliches kam mir in den letzten Tagen auf einem anderem Gebiet in den Sinn. Vor einigen Jahren bekam ich in Kanada ein großes Konvolut antiquarischer Orgelnoten geschenkt. Manch Brauchbares (und teilweise immer noch im Druck Befindliches) war darunter, allerdings auch vieles, dessen Nachdruck glücklicherweise nie erfolgen wird. Signaturen der einstigen Besitzer verrieten nichts bis auf einen Namen, der auf einigen Ausgaben als Besitzer auftauchte: Von Mr. Searle Wright besitze ich seit vielen Jahren eine Bearbeitung über "Greensleaves", der Name war daher irgendwie vertraut. Mr. Wright war kein so ganz Unbekannter. In New York höchst erfolgreich wirkend war er für 2 Jahre auch Präsident der American Guild of Organist und auch in zahlreichen anderen Ämtern wirkend. Im Diapason ist ein Nachruf zu finden: https://www.thediapason.com/tribute-searle-wright-1918–2004
Die Preisfrage ist nun, wie ein Teil des musikalischen Nachlasses wohl nach Kanada gelangte. Der Weg von Montreal nach Heiden ist geklärt und irgendwann wird sich die Frage stellen, wo der nächste Platz im Notenregal sein wird.
(25.04.2020)
Auf den Seiten der AGO fand ich for einigen Tagen den Hinweis, dass der musikalische Nachlass von Searle Wright in Boston aufbewahrt wird.
(23.08.2020)
David Rogers
Vor einigen Tagen teilte mir mein kanadischer Freund und Kollege Philip Crozier mit, dass sein englischer Kollege David Rogers (9.4.2020) verstorben sei. Die beiden waren eng befreundet und auch David war in meinem Haus 2003 einmal zu Gast. Durch die vielen Erzählungen Philips war mir David jedoch vertraut und deshalb auch diese Zeilen. Obwohl ich David somit persönlich eigentlich gar nicht richtig kannte, tauchen mit seinem Tod viele Fragen auf, die für uns Musiker eigentlich naheliegen. In gewisser Weise war David ein Freak: Seine Sammlung von LPs, Tonbändern und u.ä. muss unglaublich gewesen sein, und (be-) lagerte buchstäblich jeden Raum seines Hauses. Viele Raritäten und Livemitschnitte waren wohl darunter, viele unbeschriftete CD-ROMs, deren Inhalte zwar David kannte, die aber Hörern viele Rätseln aufgeben werden. Was mit einem solchen Nachlass dann geschieht ist schwer zu sagen. Offen gesagt entsorgen ignorante Erben diesen Nachlass, Archive müssen aus Kapazitätsgründen die Annahme verweigern, eine Kollektion wird verstreut und ein Teil unseres organlogischen Gedächtnisses geht verloren. Wohin? Wohin?
(23.04.2020)
Ein trauriger Abgesang auf Davids Tod, der die obigen Zeilen bedauernwerterweise wahr werden ließ, erreichte mich am 19.10. durch Philip Crozier. Eine letztendlich nicht vertrauenswürdige Person war alleine und unkontrolliert für einige Tage in der Verantwortung für Davids Haus. Das vorhandene Bargeld verschwand ebenso wie eines der Autos sowie eine nicht bekannte Anzahl wertvoller 78rpm Schellackplatte und Venyll-LPs. Vielleicht ist es weniger der materielle als der ideale Wert, der an dieser Straftat so schockiert.
Wieder einmal RIP und wieder eine Stimme aus der Vergangenheit
War es gestern noch mein ehemaliger Orgellehrer Andreas Arand, der viele Erinnerungen aus den 80ern und meiner Bonner Zeit auftauchen ließ, so war es heute eine ähnlich prägende Lehrerpersönlichkeiten, mit der ich erstmals 1988 in Kontakt kam.
Oft war er noch in meinen Gedanken, mein "alter" Cembaloprofessor Werner Smigelski an der Robert-Schumann Hochschule für Musik in Düsseldorf. Erst nach einer heutigen Internetrecherche erfuhr ich heute von seinem Tode am 19. März 2018. Was mich bewog nach meinem Orgelstudium noch Cembalo zu studieren, ist mir bis heute noch nicht ganz klar. Und noch weniger, dass ich bei Werner Smigelski studieren sollte, der mit historisch informierter Aufführungspraxis kaum Berührungspunkte hatte, weder als Spieler noch als in der Instrumentenwahl. Letztendlich war ich mit meinen künstlerischen und pädagischen Examina (1991) einer seiner letzten Studenten vor seiner Emeritierung, die Professur - und damit sein pädagisches Lebenswerk - wurde auf der Basis eines Lehraiuftrags "weiter geführt". Von ihm habe ich unglaublich viel gelernt, zunächst von seiner pädagogischen Geduld, von seiner Musikalität und den zahlreichen technischen Hilfen im Unterricht, die ich so noch nie kennen gelernt hatte. Viele über den Unterricht hinaus gehende Gespräche führten mich auch in seine sprituelle und mystische Welt ein, nach dem Studium durfte ich öfter bei ihm in Waxweiler zu Gast sein. Nach seiner Emeritierung schenkte er mir viele Handschriften aus seiner Notenbibliothek und: einen seiner Anzüge (!), der mir auch einge Jahre sehr gut stand. Dann riss der Kontakt meinerseits irgendwann ab, eine Reise zu einem Konzert, die an Waxweiler entlang führte, brachte noch einen spontanten Besuch. Irgendwann erstand ich zufällig bei Ebay seine Dissertation, signiert und gewidmet einem ehemaligen Kommolitonen und Angestellten der RSH. Werner sprach immer davon sehr alt zu werden. Mein noch lebender Vater, ihm zwei Lebensjahre voraus, hat mich vielleicht das Alter und die Sterblichkeit verdrängen lassen. Nun führen Freunde Werners sein spirituelles Vermächtnis als CASA SMI in Waxweiler weiter. Das Andenken an einen wahrhaft humanen und spirituell geprägten Menschen bleibt und für mich in den nächsten Wochen und Monaten die Beschäftigung mit seinem mystischen Werk. Danke Werner!
(26.04.2019)
Ein prägender Lehrer
Irgendwann erreichte mich im letzten Jahr eine Mail meines ehemaligen Orgellehrers: Andreas Arand, in den 80ern am Bonner Kreuzberg wirkend, lud mich zu seinem 70. Geburtstag ein, der am 3. Mai 2019 gefeiert werden soll: zunächst mit einem Konzert aus seinen berufenen Händen und dann mit einer Feier von vielen ehemaligen Schülern, Studenten und Weggefährten. Nach dem Beginn meines Studiums 1984 in Düsseldorf und mit der Anstellung als Kirchenmusiker in St. Sebastian, Bonn-Poppelsdorf, riss der Kontakt naturgemäß etwas ab. Andreas besuchte ab und zu auch Konzerte von mir, manchmal ohne mein Wissen, wir wir bei einem heutigen Treffen feststellten. Meine nächste berufliche Etappe, die Musikleitung in Nördlingen, liess den Kontakt ganz abreissen, allerdings absolvierten wir gemeinsam 1999 eine Ausbildung zum Orgelsachverständigen, was ja ein Wiedersehen bedeutete. Nach 20 Jahren verabredeten wir nun ein Vorabtreffen, da ja viel Gesprächstoff vorhanden sein würde, und verbrachten einen kurzlebigen Nachmittag über dieses und jenes aus der Orgelszene oder auch von und über gemeinsame Bekannte. Witzigerweise traf ich nach den besagten 20 Jahren auch den damaligen Leiter der Kurse Reiner Schuhenn in diesem Jahr bei einer Fortbildung in Dortmund wieder. So bin ich gespannt auf das Konzert am 3. Mai.
(26.04.2019)
Erinnerungen eines Orgelbauers zur Riepp-Orgel in der Kathedrale zu Dijon
Nach nahezu 20 Jahren fiel mir wieder eine Notiz über ein Gespräch mit dem Orgelbauer Gerhard Schmid in die Hände, das am 21.02.1999 - wohl nach einem Einweihungskonzert nach der Erweiterung der Orgel in Reimlingen - stattgefunden hat. Aus seiner Sicht mag es für die französischen Orgelbauer und -freunde als skandalös empfunden worden, dass ein deutscher Orgelbauer in Frankreich mit einem solch wichtigem Projekt (Riepp 1740, V/73, erweiterte Umfänge in Manual und Pedal) betraut wurde. Der ursprüngliche Vertrag (hier sind meine Notizen nicht mehr ganz eindeutig) wurde mit 90 Seiten (je 5-fach) verfasst, jedoch bedingt durch einen Regierungswechsel nicht mehr durch den Kulturminister unterzeichnet. Jahre später wurde der Vertrag erneuert. Schmid erinnerte an den mehr oder weniger offenen Widerstand der französischen Orgelbauer (Petion, Publikationen und Plakataktionen), die weltweit von Medien wie der New York Times, Le Monde oder der London Times aufgegriffen wurden. Durch Einbrüche in die Kathedrale und den Diebstahl von Pfeifenmaterial (Große Oktave der Gambe 16'), Werkzeug und sogar eines Lieferwagens wurden die Arbeiten immer wieder verzögert. Auch der damalige Sachverständige M. Chapuis wurde von mal zu mal kritischer, wobei Schmid auch dessen Tätigkeit und Vorstellungen mit professioneller Distanz sah. Der Tastendruck erschien Chapuis im Vergleich mit der Orgel in Dole (Riepp-Substanz) als zu hoch. Eine gemeinsame Fahrt von Chapuis und Schmid und Chapuis zur Riepe-Orgel in Dole ergab, dass dort der der Tastendruck viel höher war. Chapuis empfahl auch die Versetzung der Kehlen von Zungenstimmen um 4 Halbtöne und neuer Blätter im Bass. Nach heutiger Sicht wären viele Sachverständige meiner Meinung nach mit solchen Vorschlägen sehr vorsichtig. Auch die Zahlungen in Etappen, deren letzte erst am Tag der Einweihung erfolgte, war Schmid noch in Erinnerung. Soweit einmal zu Gerhard Schmids Erinnerungen zu seinem Projekt in der Kathedrale von Dijon.
(29.12.2018)
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Orgelleben in Argentinien
Meine fünfte Konzertreise nach Argentinien im Oktober 2018 war zugleich auch mit einem Meisterkurs für die Studierenden der Universität für die Schönen Künste in Buenos Aires verbunden. Das sehr von der hohen Inflation geprägte Land hat - wie mir scheint - seit meinem letzten Besuch im Jahr 2011 dennoch wieder an Lebensfreude gewonnen. Die Orgelszene hat nach wie vor mit dem schlechten Zustand der Instrumente zu kämpfen und Neubauten wie der der Klais-Orgel im Kulturzentrum Nestor Kirchner sind nicht zugänglich und werden auch vor Ort kritisch betrachtet. Der im November 2017 erfolgte Umbau der Cavaille-Coll-Mutin-Orgel im Collegio La Salle mit einer kompletten Elektrifizierung der Trakturen und einem neuen Laukhuff-Spieltisch zeugt mit sämtlichen Super- und Suboktavkoppeln sowie "unisono-offs" von der Denkweise der durchführenden Werkstätte, die ihre Arbeit den Verantwortlichen als technisch modernste Orgel Südamerikas verkauft. Ob man über dieses Prädikat diskutieren mag oder nicht, ist angesichts von vielen Neuerungen gerade im Bereich der Register-, Setzer- und Koppelsteuerung müßig. Die "technisch modernste" Orgel mag ja auch als modernstes Beispiel einer Spieltischfehlgestaltung gesehen werden. Seit vielen Jahren hat sich ja eigentlich international durchgesetzt, dass bei einer Setzeranlage der Durckknopf für das Setzen von Registrierungen ganz links und der Nullsteller ganz rechts auf der Vorsatzleiste unter dem 1. Manual liegt. Anders an diesem Instrument: Der Setzerknopf ist der zweite von links und der Nullsteller der zweite von rechts. Nicht, dass dies ein großes Problem wäre, aber automatisierte Reaktionen machen solchen Designs die Konzertvorbereitungen nervig, zumal der Druckknopf ganz rechts ein Zungenabsteller ist, der ab nach dem Drücken diese nicht wieder anstellt. Dazu muss man auf der linke Seite in der dritten Reihe ganz oben einen Pedalpiston treten...
Im Vergleich zu einer anderen - allerdings vom Baujahr viel früheren und original erhaltenen - Mutin-Orgel fiel auch die geringere Effizienz der Schwellwerke auf, im Positif schlossen trotz Hinweis und Durchsicht die Jalousien auch am Tag des Konzerts nicht richtig.
Ungleich positiver fiel eine private Einladung in das Museo del Whisky in Buenos Aires aus, das von meiner privaten Unterkunft nur einige hundert Meter entfernt lag. Der Besitzer verfügt über die weltweit wohl größte Privatkollektion von Whyskies, die er voll Stolz und Sachkenntnis meinem Kollegen Rafael Leonardo Ferreyra, dessen Freundin und mir präsentierte.
(05.11.2018)
Wolfgang Bottemberg - RiP
Am 16. Januar 2018 verstarb der deutsch-kanadische Komponist Wolfgang Bottenberg, der in 1930 in Frankfurt a.M. geboren wurde. Wolfgang lehrte Musiktheorie und Komposition an der Concordia University in Montreal. Ein Konzert am 1. Juli 2008 führte uns zusammen: Nach meiner amerikanischen Urauffuehrung der kurz zuvor wiederentdeckten Choralphantasie Johann Sebastian Bachs "Wo Gott der Herr nicht bei uns hält" in St. James United Church sprach er mich an und wir hatten - mit Ausnahme der Jahre vor seinem Tod, in denen ich nicht im Sommer in Montreal war - unsere jährlichen hochinteressanten Treffen. Die vielen und langen Gespräche, das gemeinsame vierhändige spielen von Beetthoven- und Mozartsymphonien auf dem Flügel bleiben mir unvergesslich. Seine Frau Joanna verstarb ebenfalls in diesem Jahr - am 8. Februar wie mir ihre Tochter Frances mitteilte. Beide - so schrieb sie mir - starben friedlich über Nacht in ihren eigenen Betten. In Konzerten in Wien - einem Lieblingsort Joannas - Montreal und Buenos Aires gedachte ich mit einem Orgelwerk in Konzerten der beiden. Ein kurzer Beitrag zu dem von Francis Bottenberg herausgegebenen Gedenkbuch für Joanna und Wolfgang ist in der Navigation dieser Website unter Publikationen zu finden.
Der nachfolgende Link führt zu einem Interwiew mit Wolfgang Bottenberg und John S. Grey aus dem Herbst 2010: http://www.musiccentre.ca/sites/www.musiccentre.ca/files/podcast_56.mp3
(13.08.2018)
José Orozco: The Epic of the American Civilization
Vor einigen Jahren unternahm ich mit kanadischen Freunden einen kurzen Trip in die US-ameriaknischen Neuengland-Staaten. Unsere Tour führte uns u.a. auch ins Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, wo wir die Gelegenheiten hatten, das monumentale Wandgemälde "The Epic of the American Civilization" des Mexikaners José Orozco zu besichtigen. In den Jahren 1932-34 entstanden hinterlässt es mit seiner eigentlich überzeitlichen Thematik immer noch tiefgehende Eindrücke. Heute fiel mit ein kleiner Band über dieses Wandgemälde in die Hände, der meiner momentanen Beschäftigung mit expressionistischen Gemälden noch eine Ergänzung gab. Der folgende Film auf youtube vermag zwar die Monumentalität des Wandgemäldes nicht wiedergeben, "erzählt" aber den Inhalt: https://www.youtube.com/watch?time_continue=4&v=ePC1qNjil_w
(18.02.2018)
Wiener Hofopernball 8. Feb. 2018 - 22.05 Uhr
Tu Felix Austria ?
Einfach nur einlich, die Moderatoren, die in 3SAT den Wiener Hofopernball kommentieren. Einige Stichpunkte: Oberflächliche auf Prominentenklatsch abgestellte Geschwätzigkeit. Musikalisch-qualitativ fragwürdig die Musik in der Vorsendung zum Ball. Musikalische Unkenntnis Chopins Klavier-Polonaise A-Dur als Werk Taschaikowskys anzumoderieren. Nach dem angeblichen Tschaikowsky dann als Chopin abmoderiert. Direkt eine neue Anmoderation, der sofort unkommentiert eine revidierte Anmoderation folgte. Souveränität hört sich anders an.
Zu Besuch in Luxemburg
Anlässlich einer Audition d'Orgue im Luxemburger Dom am 30.12.2017 verbrachte ich auch einige Tage in dieser Stadt/ diesem Land. Die Westenfelder-Orgel im Dom erwies sich als interessantes Instrument und auch das ausgewählte Programm (C.S. Lang: Tuba Tune - J.S. Bach: Pastorale - J.G. Rheinberger: Sonate Nr. 3) ließ sich - trotz der historischen Temperatur - doch gut realisieren. Hinter dem Hauptbahnhof befindet sich der Stadtteil Bonneweg mit der nach dem 2. Weltkrieg neu erbauten Pfarrkirche. Laut Angaben von www.orgues.lu befindet sich dort eine fünfmanualige Kemper-Orgel mit 81 Registern aus dem Jahr 1957, die ältere Schwester der großen Lübecker Marienorgel. Bei meinem Besuch vor einem Gottesdienst konnte ich einiges durchaus Brauchbares hören, wenngleich aufgrund der Höhenunterschiede der Teilwerke eher in "Schwebestimmung". Der Website zufolge sind derzeit nur das HW und RP sowie das Pedal ohne 32'-Stimmen spielbar. Die hohen Unterhaltskosten fordern ihren Tribut bei einem Instrument, das seinerzeit in Konzerten der Startstein für manche Solistenkarriere bot und von weltweit bekannten Organisten gespielt wurde. Ein weiteres imposantes und derzeit auch durch zahlreiche Aktivitäten bekanntes Instrument ist in der Pfarrkirche von Dudelange zu finden, das auf einem großen Fundus von Stahlhuth-Registern basiert. Fährt man in diesen Ort hin und hinaus hat man fast den Eindruck, dass sich diese Kleinstadt über ihre imposante Kirche und deren Orgel definiert.
Als weniger interessant für mich erwies sich ein Besuch von Andrew Lloyd Webber Musical "Evita" im Grand Théâtre de Luxembourg. Musikalisch gab mir diese Aufführung wenig, eine schlechte Verstärkung machte zwar vieles im Raum präsent, aber mit unangenehmen Klangspitzen in den Höhen und teigigen Bässen, insgesamt einem unangenehmen Klangbild, dem ich in der Pause entflüchtete. Den sonst hervorragende Service-Level in Luxemburg traf das Catering nicht: Eine einizige Getränkekarte am Verkaufstisch war weniger als Bestellhilfe für Besucher/innen gedacht denn als Ablesehilfe für die saftigen Preise der Getränke seitens der Bedienung. Ein Glas zum Bier? Warum denn, Herr Forg kann ja im Grand Théâtre aus der Flasche trinken.
(03.01.2018)
Jahrestagung der GdO in Zwolle
Direkt nach der Rückkehr nach Deutschland ging es im orgelgeprägten Sommer 2016 weiter zur Jahrestagung der GdO nach Zwolle. Insgesamt standen auf dem Programm in und um Zwolle viele Instrumente, die ich bereits vor Jahren in einer Tour des European Chapters der AGO bereits erleben durfte.
Im Hotel traf ich auf Markus Zimmermann, den ehemaligen Schriftleiter von Orgel International, mit dem ich viele Tagnugspunkte gemeinsam verbrachte und in wunderbarer Weise diskutieren durfte. Den musikalischen Auftakt gab es Sonntagnachmittag in der ehemaligen Broerenkerk, die nach temporärer Nutzung durch die Musikhochschule nun als Buchhandlung dient. Leider nur durch Glasscheiben in Café der Buchhandlung indirekt hörbar, machte die Scheuer-Orgel von 1824 doch einen sehr soliden Eindruck. Das eigentliche Eröffnungskonzert fand in der Liebfrauen-Basilika statt, hinterließ allerdings - warum auch immer - keinen nachhaltigen Eindruck. Christoph Grohmanns Vorführung der Adema-Orgel von 1912 (später erweitert) in der Dominikanerkirche wusste durch ein intelligent gewähltes und sehr schön gespieltes Programm im Gedächtnis zu bleiben. Klanglich ganz anders dagegen die Leeflang-Orgel in der Lutherischen Kirche aus dem Jahr 1988: akustisch und größenmäßig weitaus bescheidener. Eng getaktet ging es in der Doopsgezinde Kerk weiter mit einem kleinen zweimanualigen Instrument aus dem Jahr 1907. Im Vergleich zu Instrument von J.W. Timpe (1820) in der Waalse Kerk konnte ersteres nicht mithalten, zu groß waren doch die qualitativen Unterschiede. Nach der Mittagspause ging es zunächst in der Kampener Buitenkerk mit einem vieldiskutierten Konzert von Leon Berben weiter, danach unterbrochen von schönen Carillon-Konzerten in der Broederkerk und Bovenkerk, in der letzteren die Hauptorgel mit ihren wunderschönen Prinzipalen. Insgesamt war dieser Kampener "Orgelspaziergang" ein hervorragender Überblick über die dortigen Instrumente, auf die man als Stadt, Kirche und Spieler nur stolz sein kann.
Der Dienstag fürhte zuerst nach Harderwijk mit der Bätz-Orgel von 1827 in der Grotte-Kerk. Bei Bätz ist wohl die ausgewogenste Mischung von barocken und frühromantischen Klangidealen in den den Prinzipalstimmen zu finden. Weiter gings in Elburg (Groote of Sint Nicolaaskerk), dem dortigen Natinaal Orgelmuseum (auch für sein dortiges Orgelnotenantiquariat zu empfehlen) und der Grote Kerk in Epe (NL).
Bekannt war mir auch die Bader-Orgel in Zupthen (Sint Walburgiskerk), zu der es Mittwochvormittag ging. Der prominente Ruf dieses Werkes ist berechtigt. Nach einem Glockenspielkonzert ging die Reise nach Deventer, wo ich bereits Anfang des Jahres einmal zu Besuch war. Den Abschluss machte ein Konzert in der imposanten Grote of Libuinuskerk, in der die dortige Kantorin gelungen ihre Orgel präsentierte, allerdings mit einer modernen Improvisation aufwartete, von der ich behaupten würde, dass jeder intelligente Orgelschüler/studenten sie nach einer eindringlicher Erklärung ebenfalls "hinkriegen" würde.
Sietze de Vries präsentierte in Groningen am Donnerstag die wohl wichtigsten Instrumente: die Schnitger-Orgel in der Aa-Kerk und in der Grote Kerk hinterließen einen phänomenalen Eindruck, aber auch die kleineren Instrumente wie z.B. in der Pelstergasthuiskerk oder Sint Jozefkathedraal hatten durchaus ihre Qualitäten. Seize de Vries mit seinen Improvisation war schier atemberaubend. Vor allem seine Fähigkeit, kontrapunktisch und harmonisch in einer barocken Sprache zu bleiben, gleichwohl aber auch stilrein im spätromantischer Manier improvisieren zu können, ist wohl einzigartig. Besonders seine sensationelle Abschlussimprovisation mit Fuge in der Groote Kerk darf als Höhepunkt der Tagung verstanden werden.
Nach der Mitgliederversammlung der Gdo am Freitagvormittag nahm ich an einem Symposium über Bleifrass in der Fa. Reil teil. Wenngleich viele Detailfragen interessant waren, konnten weder Hans Fidom, Hans Reil, Erik Winkel, Hans-Wolfgang Theobald oder Wim Diepenhorst etwas Definitives über Ursachen und Vermeidungsstrategien sagen. Die GdO mag relativ divers in ihrem Untergliederungen sein: Ob als Abschlusskonzert ein Konzert für Harmonium und Harfe und Stummfilmimprosivatioen auf dem Harmonium geeigenet war, sei einmal dahingestellt - die Tagung jedenfalls hat viele Eindrücke in Bezug auf interpretation und Intonationstechniken hinterlassen.
Den Nachtisch am Samstag konnte ich aufgrund einer kirchenmusikalischen Verpflichtung in Rhede nicht mehr mitnehmen: Die große Walcker-Orgel in Doesburg hatte ich selbst bereits einmal bespielt und sie wäre als großes romantisches Pendant sicherlich nochmal eine Ergänzung zu ihren barocken Schwestern gewesen.
(30.08.2016)
Montreal 2016
Etwas mehr als zwei Wochen später ging es wiederum über den Atlantik, diesmal ins wohlbekannte Montreal: Was für ein Unterschied zu Houston, eine Stadt, die wirklich lebt und in der - das merkt man - mit Freuden gelebt wird. Diesmal gab es "nur" zwei Konzerte, zum einen in St. James United Church und zum anderen in der Church of St. Andrew & St. Paul, beide seit Jahren wohlbekannt. Die Programme waren diesmal von jeweils eienr Choralphantasie Max Regers betimmt: In St. James gab es "Freu dich sehr, o meine Seele" und in A&P den "Morgenstern". Trotz der Setzerkombinationen bleibt die registriertechnische Realisation jedesmal eine Herausforderung! Die neue Orgel im Maison Symphonique von Casavant durfte ich (Dank an den Titulaire Jean-Willy Kunz) ebenfalls besichtigen. ein toller Effekt: die ein- und ausfahrbaren Chamaden!
AGO National Convention in Houston/Texas vom 20. bis 23. Juni 2016
Nach Jahren wieder einmal konnte ich - dank Freistellung für diese Fortbildung seitens des Gymnasium Mariengarden Burlo - an einem National Convention der American Guild of Organists teilnehmen. Diese Großverstanstaltung findet alle zwei Jahre in einer anderen amerikanischen Großstadt statt, in diesem Jahrtausend konnte ich die Conventions in Chicago, Minnepolis und Washington besuchen. Konzerte auf allerhöchstem Niveau, Workshops mit einer großen Bandbreite innerhalb von Orgel, Chor und Pädagogik sowie eine Ausstellung von Verlagen, Orgelbauern und vielen anderen innerhalb dieses Bereiches tätigten Firmen runden ein nahezu rund um die Uhr Programm ab, das nur durch Schlafen unterbrochen wird. Zentraler Veranstaltungsort ist jedesmal ein großes Hotel wie z.B. Hilton oder Mariott, das mit seiner Infrastruktur durch Konferenzräume und Ballsäle die Massen der Besucher absolvieren kann.
Durch eine schulische Veranstaltung (Abiturfeier) bedingt, konnte ich erst am frühen Sonntagmorgen via London mit United Airlines nach Houston fliegen. Bereits in der Maschine erwartete mich ein Vorgeschmack der künftigen Temperaturen: Nicht ganz schockgefroren, aber doch sehr gekühlt wurde ich auf die Hotel- und Kirchentemperaturen vorbereitet, die eine Hitze von über 30 Grad fernhalten sollte. Insgesamt: Houston ist an und für sich keine Reise wert. Die Eindrücke auf den Busfahrten von und zu den verschiedenen Veranstaltungsorten, bei den fussläufig zu erreichenden Zielen lassen sich mit wenigen Worten beschreiben: letztendlich eine Stadt, der man anmerkt, dass dort Geld in Hülle und Fülle vorhanden ist, was für eine gewisse Modernität und auch Sauberkeit sorgt - was nicht unbedingt mit Sinn für guten Geschmack verbunden sein muss. Es ist leicht dahin gesagt, aber die Innenstadt erweckte den Eindrueck, dass selbst der Chicagoer Zentralfriedhof noch den Eindruck erweckt, mit Leben erfüllt zu sein - hoffentlich nur bei den Besuchern. Bei den zahlreichen aus diesem Jahrhundert stammenden Kirchen, Konzertsälen und Räumlichkeiten fielen nur wenige durch eine beeindruckende Architektur und Design heraus: Als bestes Beispiel ist die im Jahr 2008 erbaute katholische Co-Cathedral of the Sacred Heart im Downtown-Bereich hervorzuheben, die sich gekommt mit ihren Bezügen auf Altes in Verbindung mit moderner Sprache als überzeugendster Kirchenbau präsentierte - was aufgrund meiner Erfahrung mit moderneren katholischen Kirchenbauten in den USA wohl singulär ist. Die Orgelszene praesentierte sich mit vielen neuen und größtenteils auch wohlgelungenen Instrumenten. In der schon eben benannten Co-Cathedral befindet sich ein hervrragendes Instrument von Martin Pasi, das Michel Bouvard in einem ebenfalls erstklassigem Konzert praesentierte. Ebendort war auch der Chor von St. Thomas in einem wirklich nur als sensationell zu bezeichnendem Chorkonzert zu hören.
(12.07.2016)
Léonce de Saint-Martin
Verdienstvollerweise wurde in der letzten Ausgabe von "Organ - Journal für die Orgel" ein Beitrag von Anthony Hammond über Léonce de Saint-Martin publiziert, der als Titulaire an der Pariser Kathedrale Notre-Dame als Nachfolger von Louis Vierne und Vorgänger von Pierre Cochereau residierte. Dieser Artikel rückt viele Informationen über die Qualifikationen Saint-Martins, über Intrigenspiele und Naivität ins - hoffentlich - rechte Licht. Ganz so vergessen - wie es Hammond darstellt - sind die Werke Saint-Martins doch nicht gewesen. Persönlich habe ich die Werke Saint-Martins durch eine Aufführung der Paraphase über den 132. Psalm von Otto Depenheuer in der Bonner Münsterbasilika kennen gelernt. Dieses Stück habe ich selbst - neben einigen anderen Werken - durch die Jahrzehnte hindurch immer wieder international aufgeführt. Die Noten hierfür besorgte mir damals Michael Führer, ehemals Kantor in Neuss, der auch selbst das ein oder andere spielte. Und mein kanadischer Freund und Kollege Philip Crozier spielte Anfang der 80er Jahre die Toccata de la Libération für den dortigen Rundfunk ein. Ein Geheimtipp gewissermaßen, aber nicht das Geheimnis, das lange einen Publikum vorenthalten wurde!
(21.04.2016)
Stabat Mater am Weißen Sonntag
Gerne sehe ich mir - falls nicht durch eigene kirchenmusikalische Dienste selbst im Einsatz - die sonntäglichen Fernsehgottesdienste an. Als Ideengeber positiver und negativer Art und auch als Abbild der kirchenmusikalischer Aktivitäten an bekannten und unbeannten Orten erlauben sie den Blick über den Tellerrand hinaus. Zur Gabenbereitung gab es an diesem Weißen Sonntag einen Teil von Karl Jenkins "Stabat Mater" in St. Vincentius zu Dinslaken. Ob die musikalsiche Umsetzung dieses Textes durch Karl Jenkins wirklich dem Text gerecht wird, mag diskutabel erscheinen, die liturgische Platzierung in diesem Gottesdienst und an diesem Sonntag des Kirchenjahres erscheint jedenfalls sehr seltsam. Liturgisches Gespür scheint den Veranwortlichen der Programmredaktion und den in der Gemeinde Verantwortlichen zumindest in diesem Bereich abhanden gekommen zu sein.
(13.04.2015)
Würdige Liturgie - Hochamt am Ostermontag in der Wiener Augustinerkirche
Ein mustergültiges Beispiel für eine beeindruckend feierliche Liturgie durfte ich am Osermontag in der Wiener Augustinerkirche besuchen. Traditionell gibt es an diesem Feiertag Mozarts "Krönungsmesse", garniert diesmal mit Ferdinand Schuberts "Regina Coeli" und einem Werk Cimarosas . Trotz der Länge von 1 13/4 Stunden zog sich nichts in die Länge und das Hochamt hatte seinen Namen wirklich verdient. Der Augustinerchor unter der neuen Leitung von Thomas Böttcher wirkte gerade im Sopran vielleicht noch eine Spur agiler als sonst und wie immer höchst souverän. Angesichts der Aufweichung kirchenmusikalsicher Qualitätsstandards wird die Institution "Augustinerkirche" immer wichtiger!
(06.04.2015)
Oonagh im Morgenmagazin
Als neue Ethno-Pop-Sensation wird sie beschrieben, die Berliner Sängerin Senta-Sofia Delliponti. Heute morgen im öffentlich-rechtlichen Morgenmagazin mit ihrer eigenen Fassung des alten Kirchenliedes "Es kommt ein Schiff geladen" zu hören, begleitet von ihrer eigenen Band, hinterließ sie keineswegs den Eindruck einer Sensation. Wer meint, dass das Singen eines Liedes in der Kunstsprache Elbisch ein Alleinstellungsmerkmal sei, dem mag dies für diese Bezeichnung reichen. Muskalisch tat sich außer einem effektbetonten Begleitung, die über allergängigste modale Begleitakkorde nicht hinaus kam, nicht viel. Da haben andere Komponisten weitaus mehr Krativität im Umgang mit der melodischen, harmonischen und rhythmischen Materie dieses Liedes bewiesen. Ob es unbedingt als Sensation angesehen werden muss, dass Oonaghs Atemtechnik nur bis zur Mitte einer Liedzeile reicht und von schlechter Konsonantenabsprache flankiert wird, wird von den Sängerinnen und Sängern qualifiziert geleiteter Chöre gewiss negiert werden. Worin besteht nun die Sensation? Für mich nach einiger Überlegung mehr darin, dass Beurteilungsdefizite von vokalen Qualitätsmerkmalen weiter verbreitet sind, als mir mir bislang bewusst war.
(17.12.2014)
David Schraders Bach-CD
Durch Zufall fiel mir in den vergangenen Tagen eine CD mit den Orgeltoccaten und -fugen von Johann Sebastian Bach in die Hände. Bereits auf einem National Convention der American Guild of Organist 2006 in Chicago fiel mir das außergewöhnliche Spiel Schraders auf. Im Rahmen eines Konzerts, in dem mehrere Organisten verschiedene Kompositionen für Orgel und Orchester darboten, erwies sich der Beitrag Schraders meines Erachtens als der weitaus Beste. Worin begründete sich dieser Eindruck? Technische Perfektion und vor allem ein geschmackvoller Umgang mit den klanglichen Ressourcen der Casavant-Orgel der Symphony Hall ragten einfach heraus. Die Lebendigkeit seiner Bach-CD verbindet absolute Spielfreude, Musikantentum im besten Sinne mit technischer Perfektion und Stlgefühl - das ist Unterschied zu einer historisch akuraten Aufführungspraxis, die saich slebst genug ist.
(12.11.2014)
Übergewicht, Depressionen, Unfälle
Endlich bewiesen: Frühes Aufstehen macht Schüler krank
Vorsicht Satire! Über die Folgerichtigkeit der Aussagen dieses Focus-Artikels mag auch wohl jeder selbst seine Schlüsse ziehen. Letztendliche Konsequenzen werden allerdings nicht formuliert: Denn endlich haben wir die Ursache für die Übergewichtigkeit und die Depressionen der Deutschen entdeckt! Das frühe Aufstehen für die Schule ist an allem schuld. Oder sollten vielleicht die Erziehungsberechtigen doch eher ihrer Aufsichtspflicht nachkommen und ihre Kinder früher ins Bett schicken. Einen Versuch wäre es wert und Wissenschaftler hätten Material für eine jahrzehntelange Fallstudie.
Robin Williams
Mit Robin Williams verlor die Filmszene wohl einen ihrer symphatischten Vertreter. Sowohl im cineastischen wie auch privaten Bereich trat Williams vor allem durch etwas hervor, dass ihn wohltuend von seinen Kollegen abhob. Welch ein wohltuend beruhigendes, zufriedenes und gütiges Lächeln in den den entsprechenden Rollen! Glaubhaft wiederum in anderen Rollen die durchaus dunkle Seite. Dass diese Ambivalenz nun auch durch seinen Selbstmord im privaten Bereich sichtbar wurde, erschreckte und löste Betroffenheit aus. Unvergesslich im "Club der toten Dichter" das pädagogische Ethos, die Wiederentdeckung des Kindseins in "Hook" oder auch das medizinisch-psychologische Element in "Zeit des Erwachens" oder "Good Will Hunting". Danke für all die vielen schönen, berührenden und nachdenklichen machenden Stunden.
(15.08.2014)
Das Cembalo und die Wallstreet
... scheinen zunächst wohl eher nicht im Zentrum der gerschäftlichen Aktivitäten an der Wallstreet zu sein. Trotz brachte dieses Tasteninstrument immerhin zu einem Artikel im Wall Street Journal, die der folgende Link zeigt:
http://online.wsj.com/news/articles/SB10001424052702304200804579163670969242120
Zwar interessant und gleichzeitig aufschlussreich für die Betrachtungsweise eines "historischen" Tasteninstrumentes sind Beispiele für die Verwendung in der Pop-Musik aufgezeigt. Die Reaktionen auf diesen Artikel sind unterschiedlich. In beruflichen Netzwerken ist die Betrachtungsweise eine andere als in den Kommentare zu diesem Artikel. Man(n)/Frau möge sich selbst ein Bild machen ...
(10.08.2014)
Kulturelles Bermudadreieck und geschäftliche Austauschbarkeit.
Bei einem Gang über die St. Catherines Street von Westen nach Osten zeigt sich auch der Wandel in Montreals Hauptflaniermeile. Ausgehend von Christ Church Cathedral, der anglikanischen Hauptkirche, führt der Weg an St. James United Methodist Church vorbei, die seit eingen Jahren wieder für die Oeffentlichkeit sichtbar ist. Aufgrund finanzieller Probleme wurde im 20. Jahrhundert der Kirchenvorplatz mit einem Geschäftshaus zugebaut und lediglich ein neogotisches Portal und eine Neonleuchtreklame wies auf das denkmalgeschuetzte Gebaude hin, das einmal die Westminster Abbey Kanadas genannt worden ist. Einige Meter weiter ist im Sommer die St. Catherines gegen Osten für den Autoverkehr gesperrt und auf Höhe des kulturellen Bermudadreieckes mit dem Opernhaus, dem neuen Konzertsaal und dem Museum fuer Zeitgenössische Kunst hat man sich eine neue neue Strassenpflasterung gegönnt, schliesslich ist dieses Gebiet mit den angrenzenden Plätzen im Sommer Mittelpunkt bsw. für das Jazzfestival oder das Montreal Festival Juste pour rire. Um somit ist naetürlich Tag und Nacht im Sommer etwas los. Wieder einge Schritte weiter in Richtung Quartier Latin merkt man den seit einigen Jahren andauernden Modernisierungprozess. Viele ältere Haeuser sind mittlerweile abgerissen worden, Baulücken sind entstanden oder bereits geschlossen worden und viele der kleinen Läden wie Gebrauchtbuchhandlungen, in denen man Raritäten oder Schnäppchen erwerben konnte, sind leider verschwunden. Stattdessen ist die wohl übliche gewordene geschäftliche Austauschbarkeit im Begriff, sich zu manifestieren: Bekannte Ladenketten machen sich mehr und mehr auch hier breit.
(03.08.2014)
Orgel(Event)kultur in Montreal
Auch ein Blick in das kanadische Montreal, in dem ich nun wieder einige Wochen verbringe und einige Konzerte gebe, gibt Anlass zu Reflexionen über den Niedergang. Bei meinem ersten Besuch im Jahr 1988 war auch hier die Orgelszene noch relativ etabliert. Bereits in letzten Jahren deutete sich ein bei Archambault, einem grossen Musikalienhändler ein grundlegender Wandel an. Vor zwei Jahren gab es einen grossen Sonderverkauf in der Orgelnotenabteilung, eine gewisse Beruhigung gab es im letzten Jahr, und nunmehr ist an anderer Stelle - was allerdings eine allgemeine Erscheinung im Notensegment Archambaults ist - das auf Standardwerke reduzierte Sortiment untergebracht. Ähnliches ist auch von Orgel-CDs zu berichten. HMV on St. Catherines hatte ausserhalb der üblichen Bach-CDs und Saint-Saens-Orgelsymphonien keine einzige reine Orgel-CD mehr im Sortiment, bei Archambault gibt es immerhin noch gute zwei Dutzend. Leider sind fast nur CD-Produktionen aus Europa im Angebot, Produktionen aus Kanada sind eine absolute Rarität.Demgegenüber laufen Dank der Initiativen der dortigen Kollegen die Konzertreihen immer weiter. St. James United Church, St. Andrew & St. Paul, das Oratoire Saint-Joseph waren meine diesjährigen Konzertlokalitäten, nicht vergessen werden darf die Notre-Dame Basilika, die ebenfalls reichen (Orgel-)Touristenzustrom erhaelt. Auch der seit einigen Jahren hochdotierte Internationale Orgelwettbewerb in Montreal, der reges Publikumsinteresse auf sich zieht, und die neue Casavant-Orgel im Konzertsaal der Stadt können nicht über die zunehmenden Defizite kultureller Förderung hinwegtäuschen: Jonathan Oldengarm, Director of Music an St. Andrew & St. Paul berichete mir, dass das alljaehrliche Christmas Sing-in, eine traditionsreiche jährlich im TV übertragene Veranstaltung mit Chor, Blechbläsern und Orgel, seit einigen Jahren die einzige Kulturveranstaltung ist, für die der kanadische Sender CBC, der ja nun wahrhaft nicht irgendein Privatsender ist, nur noch Budgetmittel bereitstellt. Die Zukunft ist ungewiss, ob in den kommenden Jahren, diese Veranstaltung überhaupt noch finanziell unterstützt wird. Event ja - Regelmaessigkeit nein.
(02.08.2014)
Staatspleite in Argentinien
Mit der heutigen Staatspleite gilt meine Anteilnahme meinen argentinischen Freunden und Kollegen. Bei meiner ersten Konzertreise 1987 war das Land zwar schon sehr angeschlagen, dennoch finanziell noch ziemlich stabil trotz der folgenden hohen Inflation. Die letzte Konzertreise 2011 zeigte den Niedergang nicht nur im oeffentlichen Bereich: es war bedrückend zu sehen, dass der ehemalige Mittelstand nun eher eine Unterschicht war und nur noch das zusammenhalten konnte, was er aus früheren und besseren Zeiten besass. Die Eleganz und der modische Schick der Portenos war dahin, die Melancholie des Tangos zu einer tiefen Traurigkeit mutiert. Seinerzeit schrieb ich: Die Augen haben ihren Glanz verloren. Die verschwundene Lebensfreude mag wohl durch die Hoffnungen bei der der diesjährigen Fussball-Weltmeisterschaft kurzfristig wiedergekehrt sein, eine Zukunft für das Land haette der Titelgewinn aber nicht bedeutet. Korruption und Geld- und Machtgier haben dieses Land von innen wie von aussen zerstört. Allerdings - so muss man leider sagen - sind seine Bewohner in der Zwischenzeit erfahren und weise genug geworden, sich nicht mehr den ohnehin rudimantären Sozialsystemen dieses Landes anzuvertrauen - was allerdings im Rentenalter mehr und mehr problematisch ist.
(31.08.2014)
Josef Lammerz - RIP
Am 8. Januar 2014 verstarb in Teulada/Spanien in seinem Alterswohnsitz mein hochverehrter Orgellehrer und Mentor Josef Lammerz. Musikalisch habe ich ihm unendlich viel verdanken, in der Zeit vor meinem Hochschulstudium und auch danach war er durch seine Individualität und Musikalität hoechst praegend. Wie ich hörte, war ihm ein schneller Tod vergönnt: ein Zusammenbruch vor dem Zubettgehen im Schlafzimmer brachte ihm ein Hinübergehen ein eine bessere Welt, wie er es sich immer gewünscht hatte. Die vielen Geschichten und Anekdoten, die über ihn kursieren, fasse ich momentan zusammen, eine bleibende Erinnerung.
(28. Juli 2014)
Sylvie Poirier - RIP
Am 21. Dezember 2013 verstarb nach langer Krebskrankheit Sylvie Poirier, eine sehr gute Freundin, die mit ihrem Mann Philip Crozier in Kanada lebte. Einige ihrer Gemälde zieren mein Heim, ihre CD-Aufnahmen höre ich gerne an. Mit tiefes Mitgefühl gilt ihrem Mann, der ebenfalls einer meiner engsten Freunde ist.
(21.12.2013)
Auf den Spuren Otto Wagners
Der diesjährige Osteraufenthalt in Wien, eigentlich durch die Wetterbedinungen ein Winterurlaub führte mich diesmal auf die Spuren Otto Wagners, denen man ja in der Innenstadt und natürlich in den zahlreichen U-Bahnstationen auf Schritt und Tritt begegnet. Eine Exkursion in die Außenbezirke (14. Bezirk, Hüttelberg) galt den beiden Villen Otto Wagners, deren erste nicht nur durch die äußere Farbgestaltung und gewöhnungsbedürftige bildhauerische Zutaten, sondern auch durch einen auf dem Gelände befindlichen grotesk erscheinenden Pavillon in ihrer als „italienischen Traum“ bezeichneten Außenwirkung als stark beeinträchtigt erscheint.
Die vom Wagner-Schüler Otto Schönthal entworfene Villa Vojcsik auf der Linzer Straße zeigte ebenfalls den starken Einfluss des Meisters auf: Schönthal arbeitete später als Hauptassistent beim Bau der Kirche am Steinhof mit, der ebenfalls ein Besuch galt. Leider (da nur zu bestimmten Zeiten geöffnet) war der Innenraum nicht zugänglich, der äußere Eindruck jedoch beeindruckend: Sacré Coeur de Montmartre in Paris oder Saint-Joseph du Mont-Royal in Montreal mögen gewiss durch ihr Bauvolumen und ihre Außenwirkung kolossaler erscheinen (zumal die Kirche am Steinhof durch einen angewachsenen Baumbestand eigentlich nur gut aus der Ferne und aus der unmittelbaren Nähe wahrnehmbar ist), die Jugendstilversion Wagners zeigt jedoch von erlesener Eleganz fernab von Zuckerbäckerstil und einem im Detail grob ausgearbeiteten Gigantomanismus der 30-er Jahre.
Der 1913 im gleichen Jahr wie die Kirche am Steinhof geweihte Heilig-Geist-Kirche in Ottakring (auch Schmelzer Pfarrkirche) des Wagner-Schüler Josef Plecnik geht die äußere Eleganz vollkommen ab: Das in Eisenbeton ausgeführte Bauwerk mit einer an griechische Tempel angelehnten Front vermag seine Umgebung nicht zu verschönern, wenngleich das Innere mehr zu überzeugen weiß. Die Seitenschiffe mit den darüber liegenden Emporen wirken durch die indirekte Lichtführung etwas drückend, während das Hauptschiff und die Emporen lichtdurchflutet den Blick auf ein interessantes Chorraum- und Altarensemble freigeben. Die ebenfalls in Eisenbeton ausgeführte düstere Krypta erweckt mehr als andere Beispiele ihrer Art den Eindruck einer Betongruft.
(30.03.2013)
Kulinarisches
Durch die Anmietung eines Apartments in Floridsdorf (21. Bezirk) hat es mich nun erstmals bei einem Wienaufenthalt auf die östliche Seite der Donau verschlagen. Auffällig war der Unterschied in der Qualität des Essens: normalerweise an eine gute Qualität der ausgewählten Speisen gewöhnt, kam es in Floridsdorf bislang jedes Mal zu Negativerlebnissen. Einerseits schien ein Teil der Speisen wieder aufgewärmt zu sein, andererseits fehlte schlichtweg die Delikatesse. Anders auf der westlichen Seite: wie immer von hoher Qualität.
(02.04.2013)
Klosterneuburg – Otto Wagner II
Bei Temperaturen um den Nullpunkt und windgefühlten – 5° war die „Begegnung zwischen Himmel und Erde“ im Stift Klosterneuburg dennoch eine beglückende. Zur Zeit ihrer Erbauung die größte Kirche Österreichs und auch heute noch baulich faszinierend, sollte ja dieser Klosterkomplex später zu einem österreichischen „Escorial“ ausgebaut werden, allerdings ist nur 1/8 der Bausubstanz fertig gestellt worden. Die angedachte Größe des Bauvorhabens, die erhaltenen Teile beeindrucken zutiefst und auch die Verbindung zwischen den museal genutzten Teilen und moderner Innenarchitektur erschient geschmackvoll und gelungen. Infolge des Wetters war der Tourismus auch sehr eingeschränkt, was für eine herrliche Ruhe sorgte. Im angrenzenden Stiftscafé gab es wohlfeil ein ausgezeichnetes Mittagsmenü, eine Wohltat nach den Floridsdorfer Erlebnissen. Die Rückfahrt mit Bus und Straßenbahn (Linie D) führte zu weiteren architektonischen Leistungen Otto Wagners: das Nußdorfer Wehr, die Pavillons am Karlplatz und die Häuser am Rennweg 3 und 5 ergänzten die Eindrücke des vorangegangenen Samstags.
(02.04.2013)
Oskar Werner
Die Wahl des neuen aus Argentinien stammenden argentinischen Papstes erinnerte mich an einen Film aus dem Jahr 1968 „In den Schuhen des Fischers“ mit Anthony Quinn als russischen Papst und Oskar Werner. Letzterer, ohne weitere Kenntnisse um seine Biographie, blieb in Erinnerung aufgrund seiner unglaublich modulationsfähigen und expressiven Stimme, von den schauspielerischen Leistungen ganz zu schweigen. Nach einem angenehm verplauderten Nachmittag im Café Central fiel mir auf dem Rückweg auf einem Büchermarkt ein Bildband über Oskar Werner (1922-1984) in die Hände, der den verschneiten und als eisig empfundenen Tag mehr als rettete. Den Abend verbrachte ich mit Lesen und dem Betrachten vieler Videos auf Youtube mit Filmausschnitten, Dokumentationen und Rezitationen. Kurz gesagt: Einer der ganz großen Schauspieler des 20. Jahrhunderts, der 300 (!) ihm nicht genehme Filmrollen ablehnte und so sich selbst treu blieb. Im gleichen Jahr wie Werner verstarb auch der amerikanische Schriftsteller Truman Capote (1924-1984), beide wohl an Folgen ihres Alkoholismus. Capotes Biographie fiel mir vor einigen Wochen in die Hände, daraus der bleibende Ausspruch: Ich bin schwul, ich bin süchtig, ich bin ein Genie.“ Ganz anders dagegen im menschlichen Bereich hingegen Werner: „Tut’s euch nix an, ich bin kein Genie! Ich bin höchstens empfindsamer als viele andere.“ Capotes im Gegensatz zu seiner Literatur schauspielerisch-filmische Aktivitäten sind von wenig Ruhm begleitet worden, auch Werners eigene Gedichte haben den Grenzübergang der Kunstrichtung nicht überlebt.
(03.04.2013)
Allgemeines
Immer wieder interessant und von nationalem Interesse erscheint die Diskussion über die nationalen kulturellen Geschehnisse in Österreich. Selbst die kostenfreien Tagesblätter thematisieren Geschehnisse im aktuellen Kulturbetrieb. So auch dazu, dass der Wiener Musikverein seinen jährlichen Zuschuss (ca. € 460.000) von Land noch nicht erhalten hätte. Der „Rest“ der Kosten wird in Höhe von ca. € 1.000.000 von den Mitgliedern des Musikvereins und durch den Kartenverkauf gedeckt. Sehr bemerkenswerte Zahlen, die vor allem auch von der hohen Akzeptanz der Kultur seitens der Besucher/innen und Förderer zeigt, die natürlich in dieser Form der Förderung auch nur in Wien so möglich ist.
(05.04.2013)
St. Augustin
Bei eisigen Temperaturen war in diesem Jahr Haydns „Paukenmesse“, verbunden mit einigen Motetten, in der Augustinerkirche kein reines Vergnügen. Der Chor allerdings in einer sehr guten Form, auffällig durch eine stark männerstimmenbetonte Interpretation. Ob die Männer mit einem speziellen Augustinerweihtauch angefüttert werden, oder ob aufführungspraktisch die Zurücknahme der Frauenstimmen dem stimmtechnischen Potenzial von Knabenstimmen entsprechen soll, der Eindruck war jedenfalls frappierend. Zum Abschluss Marcel Duprés „Resurection“ aus seiner „Symphonie Passion“, die leider von vielen Besucher/innen nicht als integraler Bestandteil des Gottesdienstes angenommen wurde.
(06.04.2013)
Wien – 3
Der Besuch einer Passionsandacht im gut gefüllten Stephansdom und ein Treffen mit einem Bekannten, den ich im vergangenem Jahr kennen gelernt hatte, füllte diesen Tag weitgehend aus. Intensiv waren dabei Diskussionen über den städtischen Haushalt Wiens. Von ca. € 11 Milliarden des Haushalts werden 2 % für Kultur aufgewendet. Hierzu zählen nicht Ausgaben für Musikschule etc., die aus anderen Budgets getätigt werden. Die Refinanzierungsquote ist enorm: pro € 10 € fließen € 100 wieder zurück (Übernachtung, Verpflegung etc.). Hüben (Dland) wie drüben (Öland) steigen jedoch die Kosten für den Sozialbereich: mit 11 % ist auch dort die Tendenz steigend. 230.000 Gemeindewohnungen sind eine Messlatte für den sozialen Wohnungsbau, in den in diesem Jahr € 800 Millionen, also etwas unter 8 % investiert werden. Angesichts der 1,9 Millionen Einwohner Wiens eine schier unglaubliche Quote!
(02.04.2010)
Wien – 2
Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal aufgestanden bin um 7 Uhr auf der Orgelbank zu sitzen. Da die Übungszeiten in der Peterskirche, an der ich wenige Tage später ein Konzert spielen sollte, aufgrund der Messe und Beichten sehr eingeschränkt sind, war ein erster (und sehr nützlicher) Übungstermin angesetzt. In den 2 zur Verfügung stehenden Stunden konnte ich schon das Programm einregistrieren und mich auf die Eigenheiten des Swobodsa/Kauffmann-Instrumentes von 1903 einstellen, das ich bereits im vergangenen Jahr gehört hatte. Während das Klangbild auf der Empore eher mäßig erscheint, hilft die grandiose Akustik: Ein deutsch-romantisches Instrument mit österreichischem Akzent, das – wie sollte es auch anders sein - durch seinen weichen Grundstimmenklang überzeugte und den Möglichkeiten des stufenlosen Crescendos. Für den Zuhörer ein eindrucksvolles Instrument, das zwar etwas vom Kauffmann-Umbau 1948 geprägt ist, aber immer noch genügend Substanz zur überzeugenden Romantikfähigkeit bietet.
Wie im vergangen Jahr war auch ein Besuch des Parsifal in der Wiener Staatsoper programmiert. In Wien seit 27 Jahren eine Tradition über die Ostertage dieses Großwerk aufzuführen und wie im vergangenen Jahr dirigierte Peter Schneider höchst souverän. Eine höchst beeindruckende Aufführung, die auch in der Presse ihren Widerhall fand: „Solche Dirigenten braucht die Oper“. Und ein Erlebnis, das noch lange im inneren Ohr widerklang.
(01.04.2010)
Wien – 1
Wien ist immer eine Reise wert und so führte mich denn auch mein diesjähriger Osterurlaub, der mit 1 ½ Konzerten verbunden war, wie im vergangenen Jahr nach Wien. Erster Zielpunkt war heute nach der Anreise die Peterskirche direkt am Graben, unweit des Stephansdoms. Das kirchenmusikalische Programm dieser Kirche ist reichhaltig und wahrscheinlich so – wie dort auch an vielen anderen Kirchen – nur in Wien möglich. Eine Passionsandacht mit Bachs f-moll Konzert für Orgel und Orchester und der Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grabe“ endete mit den „Sieben Worten“ von Heinrich Schütz mit der Camerata Viennensis unter Rudolf Scholz. Wie so oft in Wien war auch hier die Kirche nicht nur gefüllt, sondern viele Besucher/innen nahmen auch die lange Stehzeit in Kauf. Nach dem Konzert stellte sich ein höchst angenehmer menschlicher Kontakt mit dem Rektor der Peterkirche Dr. Spalek her und mit Michael Walcker-Mayer, dem Firmenleiter des österreichischen Zweigs der bekannten Werkstätte mit Sitz in Guntramsdorf.
(31.03.2010)
The Diapason – 100 Jahre
Seit 100 Jahren ist nun der Diapason – eine amerikanische Fachzeitschrift für Orgel, Chor, Carillon, Cembalo – auf dem Markt. Mit der Ausgabe vom Dezember 2009 wurde auch ein Reprint der ersten Ausgabe vom 1. Dezember 1909 veröffentlicht, der das damals aktuelle organale Zeitgeschehen beleuchtet. Heute eher illustre Namen wie Hope-Jones genossen damals hohe Aufmerksamkeit und Reputation, und im Gegenzug ist die Liste der amerikanischen Orgelbauer mit deutschen Namen lang. Dieser Bezug zu Deutschland zeigt sich auch in einer kurzen Notiz über den Spieltisch der „Beethoven-Orgel“, der - aus der Bonner Minoritenkirche stammend – nunmehr als Museumsstück erhalten blieb und einer Erwähnung würdig schien. Mit einem Hinweis auf die Bambus-Orgel von Las Pinas auf den Philippinen hat auch diese Kuriosität bereits frühzeitig Aufmerksamkeit erregt. Die Orgelbauwerkstätte Klais aus Bonn restaurierte ja dieses Instrument und brachte es nach langem Schweigen wieder in den Aufmerksamkeitsbereich der Organisten.
Auch heute ist die Orgel im Salt Lake Tabernacle in Utah immer noch ein Instrument, das synonym für die Stilepoche „American Classic“ steht. 1909 war dem stilistisch noch nicht so, aber der frisch erfolgte Umbau durch Kimball in dieser Zeit weist auf den Ruf des Instrumentes und die Reputation der musikalischen Veranstaltungen hin, die bis in die Gegenwart hineinreichen.
Eine Dispositionsgegenüberstellung von zwei kleinen zweimanualigen Instrumenten kann auch heute noch nachdenklich machen: Die Überlegungen, dass leise(re) Registermischungen dreimal mehr gebraucht werden als das Tutti eines kleineren Instrumentes zwingt zu klugen dispositionellen Überlegungen, welche auch heute noch aktuell sind.
Dem Diapason, der als Magazin neben dem „American Organist“ und den Publikationen der „Organ Historical Society“ steht, kann nur eine weitere so erfolgreiche Zukunft gewünscht werden. Die monatliche Ausgabe lese ich jedenfalls ausgesprochen gerne.
(24.01.2010)
Cavaillé-Coll ist tot – es lebe Skinner!
Zwei CD-Produktionen erreichten mich diese Woche, die vieles gemeinsam haben. Bei der CD „Eroica“ auf der neuen Alexander Schuke-Orgel des Magdeburger Doms –eingespielt durch Barry Jordan – ist ein Großprojekt (/IV/92 Register + 1 Transmission) in Kathedralakustik eingefangen, die CD „Improvisationen“ als Beilage zur neuesten Ars Organi präsentiert Gerben Mourik an der für den Konzertsaal des dänischen Rundfunks erbauten Van den Heuvel-Orgel (IV/91) in der trockenen Montagehallenatmosphäre der niederländischen Firma. Die unterschiedliche Klanglichkeit der Instrumente und die Interpreten stehen hier nicht zur Diskussion, sondern das Phänomen, dass nunmehr nach vielen Jahren mehr oder weniger geglückter Cavaillé-Coll-Adaptionen nunmehr der amerikanische Orgelbauer Ernst Skinner bemüht wird. Ein Zitat aus dem von Gerben Mourik verfassten Booklet-Text zum fünften Track: „Die Atmosphäre ist einigermaßen „jazzähnlich“, und damit hört sich das Instrument kurz wie eine Skinner-Orgel an“ – gemeint ist die Registrierung von Voix humaine des Récit mit 16’-Koppel. Die Assoziation Jazz/Skinner mag ja auf selektiven Klangerfahrungen des Interpreten beruhen, den Kern der orchestralen Klangwelt Skinners trifft diese Äußerung ebenso wenig wie die Van den Heuvel-Klänge an dieser Stelle.
Der theologische Magister Wolfram Adolph, auch bekannt als Chefredakteur der Journals „organ“, betritt in seinem Booklet-Text ein ähnlich gefährliches Terrain mit dem Hinweis auf die Disponierung zweiter unterschiedlicher 8’-Prinzipale im Hauptwerk des Magdeburger Instrument, angelsächsische Vorbilder werden zitiert und mit der Praxis Skinners von bis zu vier unterschiedlichen Prinzipalen überhöht. Nun ist die Ansammlung bzw. Verdoppelung von Prinzipalregistern nicht ein originäres Verdienst des von mir höchstgeschätzten und mit Ehrfurcht betrachteten Werk Skinners, eine Kurzgeschichte von Prinzipalverdoppelungen seit der Barockzeit über die englische Traditionen des 19. und 20. Jahrhunderts, würde hier zu weit führen. Problematisch ist hier ebenfalls, dass eine klangliche Nähe zu Skinner suggeriert wird, trotz subtilerer Methoden nicht übersehbar.
Zuhörer beider CDs mögen sich Gedanken über die partielle klangliche Nähe dieser Instrumente zu Skinner machen – doch eine Voix humaine mit 16’ Koppel oder doppelt besetzte Prinzipallagen machen genau so wenig ein Skinner-Instrument aus wie die seit über 25 Jahre unausweichlich disponierte Flûte harmonique samt Zungenbatterie nur in seltenen Fällen einen akzeptierbaren Cavaillé-Coll-Klang erzeugte.
Ob damit ein tendenzieller Richtungswechsel in der Orgelbauideologie und Propagandisten einleitet ist, werden zukünftige Booklets und Artikel erweisen. Skinner-Klänge bei Van den Heuvel oder A. Schuke? Die habe ich nicht gehört, wohl aber Instrumente von Van den Heuvel und A. Schuke …
(26.07.2008)
Richtigstellung zum vorangehenden Beitrag – Relata refero
Auf einem Umweg erreichte mich die Information, dass für die Rohlf-Orgel in St. Michael, Mering doch ein Wartungsvertrag abgeschlossen worden ist. Nun gehört zu einer aktiven auch eine passive Kritikfähigkeit, der ich hiermit – und damit gerne der Wahrheit entsprechend – nachkommen möchte. Die mir Anfang Januar mitgeteilte Information, auf die hin ich nochmals nachfrug, stellt sich somit als falsch heraus – Relata refero. Dies beweist doch wieder die alte Tatsache, dass man sich alles schwarz auf weiß ansehen muss, was ich allerdings – so muss ich eingestehen – auch im Fall dieser Korrektur nicht gemacht habe. Allerdings sehe ich die Angelegenheit insgesamt auch sehr gelassen, da bislang kein Konzertmitschnitt angefordert wurde. Dies kann natürlich verschiedene Ursachen haben. Im Rahmen der Selbstkritik – eine nicht überall verbreitete Praktik – unterstelle ich einfach, dass ein solches Angebot in Bezug auf meine Person wohl nicht interessant genug ist bzw. erscheint. Weitere mögliche Ursachen erschließen sich der Leserschaft dieser Zeilen wohl augenblicklich – so hoffe ich zumindest. Punctum saliens.
(06.03.2008)
Neue Rohlf-Orgel in St. Michael, Mering
Zu einem Sylvesterkonzert (das zweite Konzerte an dieser Orgel nach dem Einweihungskonzert durch Prof. Dr. Ludger Lohmann am 16.12.2007) eingeladen, verbrachte ich einige Tage nahe Augsburg. Beeindruckend war die Gastfreundschaft der Meringer, die ich auch an dieser Stelle nicht in ihren Gefühlen verletzen möchte, leiteten sie doch ihren Orgelneubau mit den allerhöchsten Ansprüchen und Erwartungen in die Wege. Ob dies wirklich gelungen ist, bleibt natürlich diskutabel, allerdings sind auch persönliche Eindrücke durchaus legitim. Fakt war, dass sich dieses Instrument bei einer nahezu gleichbleibenden Temperatur von um die 12° C in seinem Stimmungszustand von Tag zu Tag verschlechterte. Intonation mag natürlich Geschmackssache sein, die herausstechenden Aliquoten und Mixturen in einem ohnehin für Bassfrequenzen nicht sonderlich empfänglichen Raum erscheint mir ebenso wenig gelungen und auf den Raum abgestimmt zu sein wie zu die allzu lauten Zungen. Die Gemeinde ist sicherlich bereit, genaue Auskünfte über die Aufbau- und Intonationszeit zu erteilen, ich möchte ich diese auf Rücksicht auf den Orgelbauer, der vielleicht eine solche öffentliche Bekanntgabe zu einer Offenlegung seiner „Betriebsgeheimnisse“ zählen würde, hier nicht darlegen. Als ausgesprochen misslungen muss die Anlage der Registerstaffeleien bezeichnet werden, welche durch ihren zu tiefen Ansatz an den Seiten als auch durch die ohne Notwendigkeit angelegte Enge ebenso wenig benutzerfreundlich angelegt sind wie der Schwelltritt und die Koppeltritte, welche Angstsymptome der Beschädigung bei Betätigung hervorrufen. Nachdenklich machte mich vor allem die Information, dass Herr Rohlf keinen Wartungsvertrag abschließen wollte, sondern der Gemeinde den Abschluss bei einem lokalen Orgelbauer in der Nähe empfahl. Da kann ich eigentlich nur hoffen, dass die Firma Rohlf trotzdem die übliche 10-jährige Gewährleistung für ihr geliefertes Instrument übernimmt – normalerweise verfällt diese Gewährleistung, wenn kein Wartungsvertrag abgeschlossen wird ...
Wer sich von der Klanglichkeit des Instrumentes überzeugen möchte, dem kann gerne ein Konzertmitschnitt zur Verfügung gestellt werden!
(erstellt Anfang Januar 2008)
Restauration der Schorn-Orgel in St. Nikolaus, Euskirchen-Kuchenheim
Zugegebenermaßen können die folgenden Zeilen chauvinistisch klingen: die frisch durch Weimbs/Hellenthal restaurierte Schorn-Orgel in der Kuchenheimer St. Nikolaus-Kirche ist mir durch meine frühen Berufsjahre bestens bekannt, da ich doch selbst an ihr amtierte, einen international geprägten Orgelkonzertzyklus ins Leben rief, eine LP-Einspielung mit Prof. Dr. Hermann J. Busch initiierte, viele Konzerte gab und selbst auch 2005 noch eine CD einspielte. Es ist wohl eines der Instrumente, das ich am Besten kenne, und aufgrund seiner klanglichen Qualitäten immer sehr geschätzt habe. Hinzu kommen auch die langjährigen persönlichen Kontakte zu den Orgelbauern Weimbs aus Hellenthal, die vielleicht den Eindruck einer allzu subjektiv geprägten Aussage erwecken. Abseits dieser Vorbemerkungen bleibt aber einfach die Tatsache, dass die Schorn-Orgel durch diese Restauration nochmals an Charakter, Fülle, Ausgewogenheit und Intonationskultur gewonnen hat und klanglich in eine Form der Grandiosität gemündet ist, die wohl weit und breit ihresgleichen suchen muss. Ich scheue mich auch nicht die Klanglichkeit dieser mechanischen Schleifladen von 1895 in eine Reihe mit den Spitzenfirmen dieser Zeit zu setzen. Gewiss ist an diesem Instrument mit seiner historischen Substanz eine optimierende Intonation betrieben worden, die gleichwohl als Referenz für eine Intonationskultur auch bei neuen Instrumenten gelten darf. Wer den – wie gesagt – schon sehr schönen Zustand „davor“ kennt und mit dem „danach“ vergleicht, wird beeindruckt von dannen gehen und vielleicht auch über die Intonationskultur bei Neubauten nachdenken. Das Werk ist eine allerbeste Empfehlung für den Meister - und da Franz Joseph Schorn nicht mehr lebt für die Firma Weimbs und ihre höchst kompetenten Mitarbeiter!
(29.12.2007)
Zum 80. Geburtstag von Kurt Masur
Eine höchst informative Sendung über das Leben des Altmeisters im MDR. Bemerkenswert auch die relativ lange Orgelpassage in einem ca. 30-minütigem Fernsehbericht von 1981 zur Einweihung des Neuen Gewandhauses. Kurz im Bild auch der damalige Gewandhausorganist Matthias Eisenberg, dessen Wirken nach seinem „Umzug“ nach Westdeutschland 1986 schlichtweg verleugnet wurde (s.a. Buchpublikation: Die Gewandhausorgeln in Leipzig). Harald Schmidt als Moderator wirkte auf mich größtenteils nur peinlich. Als Überraschungsgast bei einer Nummer aus Gershwins „Porgy and Bess“ zeigte sich Schmidt den vokaltechnischen Anforderungen (Intonation, Gestaltung) in keiner Weise adäquat gewachsen, ein ebenso schlechtes Bild bot die Deklamation von Goethes Zauberlehrling: die deklamatorische Vergewaltigung und Umprägung in einen typischen Schmidt-Stil mag zwar für die Apogeleten des niederen Klamauks ein Genuss gewesen sein, geschmackvoll war sei dennoch nicht. Hier zeigt sich das Dilemma der „Unterhaltungskunst“: grundsätzliches Können fehlt und wird durch zweit- und drittklassige Show überspielt.
(15./16.07.2007)
Konzerte in Petersdorf/Fehmarn und der Klosterkirche Preetz
Konzerte mit dem Trompeter Albrecht Eichberger in Petersdorf auf Fehmarn brachten ein Wiedersehen mit der dortigen Marcussen-Orgel, deren romantische Grundsubstanz trotz neobarocker Umbauten mit Hinzufügung eines 3. Manuals (RP) immer noch in Grundzügen hörbar ist. Anders das Instrument in der Klosterkirche zu Preetz, das Marcussen in den 1830ern romantisierte, und das auch noch seiner letzten Resuatierung so belassen wurde. Die wohl einzigartige Kombination dieses aus dem 16. Jahrhundert stammenden Instruments mit den romantischen Änderungen zeigt es, dass es auch anders herum geht.
(31.08.2006)
Die neue Max-Reger-Orgel in Weiden in der Oberpfalz
Ein Kurzbesuch an der noch nicht fertiggestellten Max-Reger-Orgel in Weiden in der Oberpfalz am 26. Juli zeigte, dass dieses 53-stimmige, in deutsch-romantischem Stil konzipierte Instrument der Fa. Weimbs/Hellenthal nun nach vielen Jahren der Planung Gestalt annimmt. Der technische Aufbau ist ziemlich abgeschlossen, die Prospektpfeifen „stehen“ schon, und man kann die klanglichen Dimensionen ahnen. Die Intonation beginnt im Oktober, die Einweihung wird Anfang März 2007 sein. Infos samt webcam unter www.weimbs.de . Ein Nachbarort leistet sich ebenfalls eine neue Orgel, für die Matthias Eisenberg konzeptionell verantwortlich zeichnet. Ebenfalls mit über 50 Stimmen versehen, zeigte sich, dass dort eine andere Art von Orgelbau betrieben wird. Der Name der erbauenden Firma braucht nicht eigens genannt zu werden, ein Besuch auf der Homepage dieses -.nach eigenen Angaben künstlerischen - „Unternehmens“ zeigt, dass zumindest die Gebäudeinfrastruktur für einen solch großen Neubau zu hinterfragen ist. Die Einweihung dieses Instrumentes findet am 27. August 2006 statt, beim Besuch der Kirche am 27. Juli waren noch nicht einmal die Prospektpfeifen eingebaut. Be(un)ruhigend – wie auch immer- mag sein, dass Eisenberg bereits eine Reger-Gesamteinspielung auf diesem Instrument angekündigt hat. Ein Kurzbesuch in der Basilika Waldsassen bestätigte den Eindruck einer unreflektierten Gigantomanie. Längst ist dieses – nach Aussagen in der Kirche - zweitgrößte Instrument Deutschlands nicht mehr auf diesem Rang zu finden. Für die Pflege dieses Instrumentes ist übrigens die gleiche Erbauerfirma zuständig.
(01.08.2006)
Einige Orgelsommerwochen in USA und Kanada
Der Besuch eines AGO National Convention vom 30. Juni bis 5.Juli in Chicago brachte neue Eindrücke über die amerikanische Orgelszene. Im Vorfeld des Conventions gab Ken Cowan in Oak Park, einem Vorort Chicagos, an einem Skinner-Instrument von mit ein brillantes Konzert. Oak Park, literarisch als Geburtsort von Ernest Hemingway und architekturgeschichtlich als Wohnort des amerikanischen Architekten bekannt, erwies sich auch als Kontrast zu downtown Chicago mit seinen üblen Gerüchen und horrenden Parkgebühren. Eine Stippvisite in der St. James-Cathedral (Episcopal) beim Improvisationswettbewerb der AGO machte deutlich, dass hüben wie drüben sehr unterschiedlich begabte Improvisationstalente vorhanden sind.
Der Besuch des Gottesdienstes am Sonntagvormittag in dieser Kathedrale mit ihrer Skinner-Orgel war vom musikalischen, aber auch vom Gesichtspunkt der gesamtes Gottesgestaltung ein Erlebnis. Der eigentliche Convention begann Sonntagabend mit einem Konzert in Chicagos Orchestral Hall. Unter dem Dirigat Julian Wachners war ein – eigentlich zu langer – Abend der Kombination Orgel-Orchester gewidmet, der zum Schluss zu Ermüdungserscheinungen führte. Das im Gegensatz zu vielen deutschen Instrumenten wirklich als Konzertsaalorgel konzipierte Casavant-Opus wurde allerdings von den meisten Organisten – die glorreiche Ausnahme David Schrader ! – viel zu laut registriert.
Kreuzkirche Essen
Auch die Evangelische Landeskirche leistet sich Kapriolen in der Vergütung. Die renommiere Stelle an der Kreuzkirche in Essen ist nur mit 75% Beschäftigungsumfang ausgeschrieben, dafür kommen wahrscheinlich bei der Bedeutung und den enormen musikalischen Aktivitäten 125% Arbeit als Kompensation hinzu. Die Gnade, dort überhaupt noch mit 75% BU angestellt zu sein, schimmert auch im Ausschreibungstext durch: Die Genehmigung von Nebentätigkeiten, die der Stelleninhaberin / dem Stelleninhaber die Existenzsicherung vergleichbar mit 100% BAT-KF ermöglichen, wird in Aussicht gestellt. Dass der BAT im vergangenen Jahr durch den TVöD abgelöst wurde, scheint in evangelischen Kirchenkreisen genauso unbekannt zu sein wie die Ausschreibung auf Dienstherrenattitüden hinweist. Das alles erinnert mich an die Ausschreibung meiner „alten“ Stelle St. Sebastian in Bonn im Jahre 1995, als dort bei 50% BU die „Möglichkeit von Nebenbeschäftigungen gewährt“ wurde.
(31.01.2006)
Organistenvergütungen
Den Höhepunkt oder besser Tiefpunkt an Vergütung für Organistenvertretung bietet eine sonst finanziell wohl situierte katholische Gemeinde im südwestlichen Münsterland: Mit € 10,50 pro Gottesdienst bleibt wohl angesichts der Benzinpreise kaum etwas übrig. Das wenige Übrige darf man auch noch versteuern. Mit dem Wegfall der Pendlerpauschale 2007 dürften dann wohl Gottesdienste vermehrt ohne Orgelspiel statt finden.
(07.01.2006)
GdO-Homepage
Durch eine andere Homepage darauf aufmerksam gemacht, besuchte ich unlängst eine Seite unserer deutschsprachigen Gesellschaft der Orgelfreunde: http://www.gdo.de/hausorgel/orgel/kantate/kantate.mp3. Zu solchen Darbietungen - oder wie auch immer man diese Klanggebilde nennen mag - verbietet sich wohl jeder wohlmeinende Kommentar. GdO als Kürzel für „Geisselt die Ohren“?
(04.01.2006)
Dresden
Höchst beeindruckend war in der vergangenen Woche eine kurze Reise nach Sachsen. Die sächsische Landeshauptstadt steht kurz vor der Vollendung der Frauenkirche, das Ensemble – alt und neu – im Innenstadtbereich wird immer mehr komplettiert und schon jetzt ist es trotz aller Baumaßnahmen wunderschön. Ein Besuch in der Hofkirche mit einem morgendlichen Konzert von Domorganist Hansjürgen Scholze, mit anschließender privater Orgelführung zeigte eindruckend die klanglichen und handwerklichen Qualitäten des Silbermann-Instrumentes. Auch Herrn Scholze, der sich trotz Termindruck die Zeit für eine Führung nahm, sei für den warmherzigen Empfang herzlich gedankt. Auch die frisch restaurierte Jehmlich-Orgel in der Kreuz-Kirche ist in ihrer Art nunmehr historisch. Besuche an Instrumenten der Silbermann-Nachfolge in Callenbach und Stollberg, aber auch der Jehmlich-Orgel der Lutherkirche in Zwickau, an der jetzt Matthias Eisenberg amtiert, hinterließen tiefgehende Impressionen.
Sicherlich nicht der letzte Besuch in Sachsen.
(12.10.2005)
Werbung für Klassik Center Kassel
In den Zeiten der Globalisierung ist auch der Erwerb von Orgel-CDs aus anderen Ländern wesentlich einfacher geworden. Neben dem Marktriesen jpc hat sich für die Orgelbranche besonders das Klassik Center Kassel hervorgetan, das mit vielen Raritäten versorgt und diese auch entsprechend bewirbt. So ist besonders eine Einspielung mit Orgelsonaten Andrea Luchesis hervorzuheben: Robert Loreggian spielt an der Callido-Orgel von Candide de Cadore – Belluno – höchst virtuos und mit Verve Sonaten und Divertimenti des Beethoven-Lehrers. Ohne das Klassik Center Kassel wäre ich wahrscheinlich nicht auf diese wunderschöne CD gekommen.
(04.10.2005)
Orgeldisposition
Auf den Seiten eines deutschen Orgelbauers mit langjähriger Tradition und großem, aber nicht immer wohlklingendem Namen, stieß ich auf die Meldung, dass dieser den Auftrag erhalten hätte, ein spätromantisches Instrument mit 19 Registern seiner Firma in Südamerika zu restaurieren. Aufträge sind natürlich immer willkommen und deshalb herzlichen Glückwunsch! Die kleine, eigentlich recht übliche Disposition, wurde besonders hervorgehoben und als „ganz nach meinem Geschmack“ gelobt. Über Geschmack lässt ja bekanntermaßen trefflich streiten, solche Aussagen lassen allerdings auch Rückschlüsse über die Einordnung von Orgeln in einen gesamtgeschichtlichen Kontext zu.
(01.10.2005)
Christian Thielemann
Ein unglaubliches Fernseh-Konzerterlebnis war heute Abend die Sendung „Sommernachtstraum“ im ZDF. Anstelle der unter diesem Titel üblichen erotischen Bildabfolgen dirigierte Christian Thielemann in allerbester deutscher Kapellmeister-Tradition die Münchener Philharmoniker mit Werken von Wagner und Schubert im Schloss Herrenchiemsee. Ohne dirigentische Show ein musikalisch höchst profundes Konzert mit einem Meistersinger-Vorspiel und Teilen aus Tristan von höchster Intensität und melodischer Klimax alla Mahler. Hier hat München nun nach Berlin einen unprätensiösen Stardirigenten, dessen Musik das Publikum erreicht – wenngleich der Fernsehblick ins Publikum deutlich zeigt, dass Ergriffenheit und Showerwartung nicht übereinander gehen. Ein abrupter Stimmungswechsel nach dieser Sendung mit dem trivial-musikalischem Werbenachspann zeigt nur noch die Bodenlosigkeit des redaktionellen Niveaus des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf.
(04.09.2005)
Orgelbau vor 50 Jahren
Schon ein historisches Instrument ist die Beckerath-Orgel in der St. Nicolai-Kirche zu Wyk-Boldixum auf Föhr. Vor 50 Jahren (1955) errichtete Rudolf von Beckerath dieses Instrument mit dem Rückpositiv-Gehäuse von Klappmeyer. Der akustisch staubtrockene und akustisch schwierige Raum erhielt ein Instrument, mit dem sich auch heute noch eine Auseinandersetzung – keine Konfrontation im negativen Sinne – lohnt. Dispositionell eher neobarock angedacht, erweist sich das Klangbild als klanglich gar nicht so steil. Die verkürzten Manual- (C-c’’’) und Pedalumfänge (C-d’) sowie nach rechts versetzte Positionierung der Pedalklaviatur sind eher für den Interpreten problematisch – besonders bei nicht-barocker Literatur. Auch bei dieser Orgel wurde die Koppel RP/Ped nachgerüstet, der Tremulant und der Zimbelstern sind mangels Finanzkraft der Kirchengemeinde eher nicht funktionsfähig, ansonsten erscheint die Orgel als sehr gut gepflegt. Immer mehr steigt mein Respekt vor Rudolf von Beckerath, obwohl ein Orgelprospekt mit Naturgusspfeifen wahrhaftig keine Zierde der Orgel ist.
(18.0.8.2005)
Konzertreise nach Schleswig Holstein
Das erste von drei Konzerten mit dem Trompeter Albrecht Eichberger führte in die St. Christian- Kirche zu Garding. Der älteste Renaissance-Prospekt Norddeutschland und das historische Rückpositivgehäuse wurden 1974 von Karl Schuke mit klingendem Innenleben versehen. Ein klanglich bemerkenswertes Instrument von enormer Potenz. Pfiffig das Regal in einem Kasten direkt über dem Spieltisch, das so manche freche Spielereien zulässt. Bedauernswert sind leider vor Ort die Kürzungen im Beschäftigungsumfang des kirchenmusikalischen Bereichs, aber auch die mangelnden Geldmittel für Konzerte. Am Engagement der rührigen Kirchenmusikerin liegt dies sicherlich nicht!
(17.08.2005)
Konzert in Bad Münstereifel
Wie jedes Jahr im Sommer in der Ev. Kirche zu Bad Münstereifel an der Ott-Orgel. In der letzten Zeit komme ich mehr und mehr auf die Qualitäten des Neobarock zurück, wenngleich auch an diesem Instrument zwei Orgelbauer (Weimbs und Fasen) klangliche Verbesserungen vorgenommen haben. Wie immer man auch klanglich zu diesen Instrumenten steht, so ist doch die handwerkliche Qualität immerhin so profund, dass sie laufen und laufen und laufen ...
(14.08.2005)
Schlecht bezahlte Ärzte
Unsere an Krankenhäuser praktizierenden Ärzte durchwandern und erleiden ein Tal der Tränen und des Leides, verdienen sie doch gar erheblich weniger als ihre ausländischen Kollegen. Neidische finanzielle Betrachtungen liegen mir dabei völlig fern, wohl aber jenen nahe, die diesen Beruf, der eigentlich auch eine Berufung sein sollte, ergriffen haben. Dieser Berufsstand, der momentan das höchste Ansehen in der deutschen Bevölkerung genießt, scheint als Assistenzarzt mit BAT II am Hungertuch zu nagen. Auch Oberärzten und anderen medizinischen Funktionsträgern, die schon mit und ab BAT I vergütet werden, scheint dieser Verdienst als deutlich zu wenig. Man vergleiche die tarifliche Vergütung von Kirchenmusikern oder Musikschullehrern einmal mit diesen Vergütungsgruppen. Doch Kirchenmusiker scheinen ihren Kreuzstab gerne tragen zu wollen, der Äskulapstab jedenfalls – wenn man die Äußerungen des Hartmann-Bundes dahingehend interpretiert - darf ruhig vergoldet und finanziell von anderen getragen werden.
(12.08.2005)
Eta Harich-Schneider
Meine momentane literarische Beschäftigung mit der Biographie der Cembalistin Eta Harich-Schneider (Charaktere und Katastrophen) hat Bewunderung erweckt. Gewiss haben die Zeitumstände viel zum ereignisreichen Leben dieser bemerkenswerten Frau beigetragen. 1. und 2. Weltkrieg, der NS-Staat, künstlerische Verfolgung, das Leben in Japan während und nach dem 2. Weltkrieg, die Übersiedlung in die USA, und eine Spionagegeschichte alla sex and crime machen nicht nur diese Biographie spannend zu lesen, sondern auch zu einem Zeitdokument und historischer Primärquelle. In diesen Tagen, 60 Jahre nach dem Abwurf der beiden Atombomben auf Japan, sind die Schilderungen Harich-Schneiders vom japanischen Leben in dieser Zeit frappierend. Die subjektive Sicht auf Musikgrößen der Berliner Musikhochschule vor dem 2. Weltkrieg, auf deren Verhalten und (un-)menschliche Einstellung, beleuchtet viel unbeschriebene Geschichte. Menschliche Enttäuschungen, welche die Gloriolen prominenter Künstler zum Erlöschen brächten, sind allerdings nicht weiter wissenschaftlich beachtet. Ein Verweis auf Larry Palmers Buch „The Harpsichord in America“, das ich diesen Sommer in Montreal antiquarisch erstand, sei gestattet: die amerikanische Ikone Ralph Kirckpatrick scheint in dieser Richtung tabu zu sein, obwohl Palmer Eta H.-S. Biographie in einem für Kirckpatrick wohlwollenden Sinne zitiert, während dort die negativen Erfahrungen mit K. überwiegen. Auch eine Geschichtsklitterung besonderer Art!
(11.08.2005)
Musikpädagogik und Qualität
Im Gustav Bosse Verlag erschien die Neuauflage des Lexikons der Musikpädagogik. Eigentlich verdienstvoll, fehlt mir doch der Qualitätsbegriff. Die Musikpädagogik scheint auf lexikalischer Ebene noch keine Definition für Qualität gefunden zu haben, oder ist gar der Primat einer relativen Qualität doch gar zu peinlich?
(10.08.2005)
Schlecht besuchtes Orgelkonzert? Nicht in Zwillbrock!
Welche Anziehungskraft Orgelkonzerte haben können, zeigte das heutige Konzert des kanadischen Orgelduos Sylvie Poirier und Philip Crozier in der Barockkirche zu Zwillbrock. Wirklich nur einen Steinwurf von der holländischen Grenze gelegen, mausert sich das Gotteshaus einer nur kleinen Kirchengemeinde seit einigen Jahren zu einer spirituellen Konzertstätte, die Besucher von nah und fern anzieht. Die 200 Sitzplätze der Kirche waren belegt, weitere Besucher mussten noch stehen. Die oft verpönten neobarocken Klangqualitäten einer Ott-Orgel – um eine solche handelt es sich nach dem Umbau in den 60-er Jahren maßgeblich im Klangbild – scheinen den regen Besucherzustrom zu den Orgelkonzerten nicht zu bremsen. Natürlich geben das grandiose barocke Orgelgehäuse und die immer noch durchhörbare barocke Klangsubstanz ihren Teil dazu, das hohe interpretatorische Niveau der Interpreten tut ein Übrigens, und so wird Zwillbrock zum (Orgel-)Konzerterlebnis für die Besucher. Bemerkenswert!
(07.08.2005)
Kompetenzprobleme bei Orgelsachverständigen?
Die Kirchenmusikerin, Konzertorganistin und Orgelbaumeisterin Andrea Walentowicz hat mit ihrem Leserbrief in Ars Organi wieder einmal das Problem der Sachverständigenausbildung angesprochen und bemängelt. Gerhard Walcker schlug auf seiner Homepage in die gleiche Bresche – berechtige Kommentare zu immer wieder zu beobachtenden Unständen. Das Kernproblem der mangelnden Kompetenz scheint mir jedoch nach der Analyse der mit Regelmäßigkeit publizierten Meinungsäußerungen von Frau W. eher ein Nebenschauplatz zu sein. Dies ist nicht der richtige Ort, um psychologische Fallstudien zu betreiben, warum und weshalb bestimmte Personen das Orgelrad neu zu erfinden gedenken. Entscheidender ist wohl hier die Beobachtung, dass mit diesem Leserbrief in mehr oder weniger sublimer Form ein Kompetenz-Freibrief für die Orgelbauer ausgestellt wird. Persönlich bin ich noch keinem Orgelsachverständigem begegnet, der Orgelbauer zu schlechter Intonation, zur Verwendung von qualitativ minderwertigem Material, unsensiblen Trakturen etc. angehalten hat. Die Realität zeigt, dass trotz Meisterbrief von Orgelbauern viele schlechte Instrumente (wie immer man auch diese definieren mag) erbaut werden. Manchmal werden diese gar von den Sachverständigen noch über den grünen Klee gelobt – ein Pluspunkt für die Erbauer missratener Klangerzeuger und die negative Bestätigung eines Klischees. Vorsicht ist also auch angeraten bei der Ausbildung von Orgelbaumeistern, denn wirkliche Kompetenz ist nicht alleine durch den Meisterbrief erreicht – ebenso wenig wie manche Instrumente durch die Kritik an anderen Orgeln oder Personen besser werden oder gar Reverenzorgeln werden.
(05.08.2005)
(Weitere "Impressionen" aus den Jahren 2010-2014 werden noch publiziert)